Entwurf einer Lernpolitik (ehemals Bildungspolitik)
Vom schwachen Standard zum vollen Potential - Entwurf einer Lernpolitik für Baden-Württemberg (ehemals Bildungspolitik)
von Kjell Kühne, 10.5.2005
Mit dem vorliegenden Text sollen die Grundzüge der neuen Politik umrissen werden,
die in Baden-Württemberg den Bereich des Lernens (ehemals Bildung genannt)
fördern. Ziel dieser Politik ist es, Menschen bei der vollen Entfaltung ihres natürlichen
Potentials zu unterstützen. Die Würde des Menschen soll blühen. Zuerst werden die einzelnen Ziele und Maßnahmen des neuen Lernsystems als kohärente Einheit beschrieben. (A) Anschließend werden die bisher vorhandenen Institutionen und Routinen aufgezählt, die dadurch eine Veränderung erfahren werden. (B) Zuletzt wird darauf eingegangen, wie das Bildungssystem graduell und behutsam in das Lernsystem überführt werden kann. (C)
Teil A
Eigenes Interesse, eigene Motivation
Junge Menschen sind neugierig. Dieser natürliche Impuls wird genutzt. Die jungen Menschen werden dort unterstützt, wo ihre Neugier sie hinführt. Sie kommen freiwillig in die Schule und lernen zu selbst gewählten Zeiten selbst gewählte Dinge. Gebunden sind sie dabei nur durch ihre eigenen Zusagen und Verpflichtungen die sie sich selbst auferlegen.
Lehrer als Vorbilder und Helfer im Lernprozess
Lernhelfer (ehemals Lehrer) machen Vorschläge und begleiten die jungen Menschen mit Tipps und Hilfestellungen bei ihrem Lernabenteuer. Sie stecken voller Ideen und Kenntnisse über nützliche und interessante Methoden, die das Lernen noch einfacher und effektiver machen. Bei Problemen stehen sie zur Unterstützung bereit. Oft greifen die Lernenden bei ihren Lernprozessen auch auf das Know-how von anderen (Experten) zurück.
Praktische Probleme und Herausforderungen
Gruppen von jungen Menschen finden sich flexibel zusammen, um an Fragestellungen und Themen ihrer Wahl zu arbeiten. In der Regel werden sich meist praktische Aufgaben ergeben. Z.B. wie können wir unsere Schule schöner machen, einen Ausflug oder ein Fußballturnier organisieren, Menschen in Not helfen, an einem Wettbewerb teilnehmen, eine Internetseite erstellen,…… Die Mitarbeit an diesen Aktivitäten und der jeweilige Beitrag wird von jedem Lernenden im eigenen Interesse dokumentiert.
Konstanter Stakeholder-Dialog
Regelmäßig treffen sich Eltern, junge Menschen, Lernhelfer und andere Mitglieder der lokalen Gemeinschaft, um die wichtigen Angelegenheiten der Schule und des Lernens zu diskutieren und gemeinsam Probleme zu lösen. Alle Beteiligten befinden sich in einem konstanten Dialog, durch diese Treffen und weitere Feedback-Mechanismen.
Best practices und IT
Bei der Suche nach neuen Betätigungsfeldern lassen sich die jungen Leute, Eltern und Lernhelfer von den guten Beispielen anderer inspirieren und eifern ihnen nach. Eigene gelungene Konzepte stellen sie ins Internet, um andere zur Nachahmung zu animieren. Oft gibt es auch einen Austausch zwischen Schulen mit und ohne Erfahrung mit bestimmten Methoden und Konzepten.
Teil B
Die folgenden sehr prägenden Elemente des bisherigen Bildungssystems fallen auf Dauer weg.
Jeder Mensch hat das Recht auf Selbstbestimmung. Der Zwang, bestimmte Dinge zu lernen, entfällt. Die Schulpflicht wird abgeschafft. Die neuen Schulen werden so attraktiv sein, dass die Schüler freiwillig zum Lernen kommen. Tun sie dies nicht, so haben sie gute Gründe dafür.
So etwas wie ein „Lehrplan“ wird unwichtig werden. Die Inhalte des Lernens werden sich ständig wandeln. Es werden sich aber bestimmte Routinen herausbilden, die vom überwiegenden Teil der jungen Menschen genutzt werden. So wird es nur ganz wenige geben, die nicht Lesen oder Schreiben früher oder später lernen wollen. Auch Dinge wie effektiv Texte lesen, Mindmaps zeichnen oder effektive verbale Kommunikation werden von einer großen Mehrzahl der jungen Menschen erlernt werden.
Es wird keine Noten mehr geben. Der Fortschritt beim Lernen manifestiert sich im Suchen neuer, größerer oder anderer Herausforderungen. Jeder junge Mensch dokumentiert selbst die Projekte, an denen er mitgewirkt hat. Wenn er sich berufen fühlt, sich für eine bezahlte Stelle zu bewerben, so wird er das tun. Je nach Erfolg wird er weitere Dinge und Fähigkeiten erlernen, oder in den Beruf starten.
Teil C
Um das Maximum an positiven Errungenschaften aus dem bestehenden Bildungssystem zu erhalten, beginnt der Reformprozess mit einer sogenannten Appreciative Inquiry an allen Schulen und Universitäten. Sie soll möglichst alle erstrebenswerten Erfahrungen und Routinen, die bereits heute stattfinden, erfassen. Ein weiteres Ziel dieser Erhebung ist die Identifikation von Barrieren und Hindernissen, die die Entfaltung des vollen Potentials verhindern. (mögliches Beispiel: Schulpflicht) Im Anschluss müssen durch Gesetzesänderungen diese Hindernisse
beseitigt werden. Für alle geplanten Veränderungen werden Stufenpläne erarbeitet, die gewährleisten, dass die Umwandlung reibungslos erfolgt. Als Zeithorizont für das Erreichen des Endzustandes sollten 10-15 Jahre gelten.
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